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DAS KLASSENLAGER

  • Autorenbild: daszimmer10
    daszimmer10
  • vor 5 Tagen
  • 17 Min. Lesezeit
Mit Canva-KI generiertes Bild
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Seid gegrüsst Ihr netten Menschen


Das Klassenlager der S3b '25 liegt nun bereits eine Woche zurück. Folglich ist heute ein guter Zeitpunkt, um darüber zu berichten.


Montag

Packen - Der Tragödie erster Teil

Belesene Kreaturen werden festgestellt haben, dass ich mich mal wieder Goethes Faust bedient habe bei der Wahl der Unterüberschriften. So tragisch war das Packen eigentlich gar nicht - ausser, dass ich bereits am Wochenende hätte packen können. Ich tat dies dann am Montagvormittag und war natürlich erstmal im "Seich" ob der Wahl der Taschen, ehe ich dann realisieren musste, dass ich 3-4 Taschen würde mitnehmen müssen. So fiel die Wahl dann auf meinen treuen Wegbegleiter seit 2007: meinen Rollkoffer in metallic rosa, den ich mir damals in Japan kaufen musste, da ich zu viel eingekauft hatte und meine Reisetasche einfach zu klein für all die Klamotten war. Seither begleitet er mich auf nahezu allen Reisen und ist noch in top Zustand. Natürlich sieht man ihm die Reisen an - insebsondere die lieblose Abfertigung an manchen Flughäfen. Ich bin der Meinung, die rund CHF 600.00 für meinen "Travelist" waren eine gute Investition angesichts seiner Langlebigkeit.

Natürlich hat der Kofer allein nicht gereicht und so musste ich doch noch meine THE NORTH FACE Tasche packen - und meinen Rucksack natürlich auch - denn ich musste ja mein MacBook mitnehmen; einerseits um CHERNOBYL schauen zu können, andererseits weil ich am Dienstag eine Online-Sitzung mit einer Dozentin hatte, um einen Leistungsnachweis zu besprechen.

Genossen, ich hatte mehr Gepäck für diese 4 Nächte dabei als während meiner rund zwei Monate in Japan. Irgendwie mache ich etwas falsch... Gut, in den Ferien muss man auch keine Lagerapotheke dabei haben, keine zwei Paar Hausschuhe, keine Wanderausrüstung und vor allem kein Material für eine Squid Game Challenge...


Anfahrt - Der Tragödie zweiter Teil

Ich freute mich natürlich darüber, dass ich keine Klapp-Nachricht mit etwaiger Absenzmeldung erhalten hatte, und dass sämtliche Schäfchen mit ins Lager kamen.

Unser gebuchter 24er Car kam auch pünktlich - gefahren von einem latent genervten Mann, für dessen Nervenreizung(en) ich vollstes Verständnis hatte. Er sagte an, man möge erst die Koffer zu ihm bringen, um sie einzuladen. Dennoch versammelten sich auch Menschen mit Taschen vor dem Gepäckraum. Es war wie am Flughafen... Schliesslich orderte er nach den Taschen und als der Gepäckraum gefüllt war - des Fahrers Tetris-Skills waren deutlich zu erkennen - kam dann noch die eine Begleitperson mit zwei gigantischen Rolltaschen. Gesicht und Ton des Fahrers sprachen Bände. Energischen Tones meinte er, sie sei ja lustig! Er habe doch eben nach Taschen gefragt! Er nahm sie ihr ab und schmiss sie hinten in den Car - vor as WC. Das Boarding verlief dann ohne weitere Probleme und wir konnten kurz vor 10:00 Uhr losfahren.

Auf der Autobahn rief der Fahrer, wir sollen mal nach rechts schauen und da sahen wir das Unglaubliche: Der Fahrer eines doppelstöckigen Cars hatte beide Arme übers Steuerrad gelegt und hielt mit beiden Händen sein Handy, auf dessen Display er starrte. Und dann fragt man sich, wenn wieder Medienberichte erscheinen, in denen es um verunglückte Reisebusse geht.


Wir passierten Andermatt und hatten eine wundervolle Sicht auf das Radisson Blu Andermatt und andere Hotels. Als ich meine Schäfchen fragte, ob mir jemand sagen könne, was es mit Andermatt auf sich habe, erntete ich fragende Blicke. Ich half nach mit dem Schlagwort "Urscheretal". Noch immer blendeten mich keine Glühbirnen über den Köpfen der Schäfchen. Ich half weiter nach "Stauseeprojekt?" "Vertreibung?" "Flutung eines Tals?". Als die Schäfchen in der Zweiten waren, hatten wir in RZG das Stauseeprojekt im Urserental behandelt. Bei einigen der Schäfchen schien die Erinnerung langsam zurückzukehren. -> DAS, meine Genossen, sind die Freuden eines Lehrers! Der behandelte Stoff wird ins Kurzzeitgedächtnis gepackt und dann wieder vergessen. Was war nochmals ein Substantiv? Was ist Kasus? Ahsooo die Fälle....?" #BestJobOnEarth

Andermatt - hätte man das Urserental damals geflutet, hätten wir hier das Bild eines Sees.
Andermatt - hätte man das Urserental damals geflutet, hätten wir hier das Bild eines Sees.

Von Andermatt ging es weiter über den Oberalppass, wo der Regen vom Schnee abgelöst wurde. Immerhin war der Pass befahrbar und so kam es, dass wir zwei Stunden vor der Zeit am Haus ankamen - was uns natürlich verrechnet wurde. Jäjaaa in der Schweiz gibt es nichts gratis!

Schneefall auf dem Oberalppass
Schneefall auf dem Oberalppass
Unser Car bei der Ankunft in Tschamut. "Es schneit es bezli."
Unser Car bei der Ankunft in Tschamut. "Es schneit es bezli."

Ankunft - Der Tragödie dritter Teil

Zwei Stunden zu früh waren wir dort. Das Haus stand offen, und wir gingen erstmal in den "Speisesaal", um die Hausordnung zu besprechen. Hinterher bezogen die Schäfchen ihre Zimmer und wechselten die zugeteilten teils. Die Begleitpersonen waren im ersten Stock, die Mädchen im zweiten und die Jungs im Zwischengeschoss. Das war weise, sag ich Euch. Wahrlich weise. Aber dies ist eine andere Geschichte und soll zu einem späteren Zeitpunkt erzählt werden.


Die Ankunft des Chäpplidude

Am Abend war ich grad dabei eine Ansprache zu halten, als die Tür vom Restaurant (wir waren ja in einem ehemaligen Hotel, in dessen Restaurant wir uns zum Essen trafen, da es gemütlicher war als der "Speisesaal") aufgestossen wurde und unser "Erlebnispädagoge", nennen wir ihn Chäpplidude (erst war ich im Begriff, ihm den Namen Siffcäppi zu geben, fand das dann aber etwas sehr angriffig - wenn auch wahr) die Bühne betrat. Chäpplidude stellte sich kurz (und damit meine ich wirklich kurz) vor, indem er seinen Namen nannte. Auf ein Kennenlernen mit den Schäfchen verzichtete er. Das hinterliess einen ersten Eindruck.

Einen zweiten Eindruck hinterliess Chäppllidude mit seinen Äusserungen wie "Also andere Gruppen machen das jeweils so...", "Andere Gruppen essen für gewöhnlich im Speisesaal nicht hier im Restaurant.", "Ah wollt ihr nicht da obe im Speisesaal esse?", "Andere Gruppen...."

Diese dezenten Hinweise darüber, wie "andere Gruppen" etwas handhaben, erstickten im Keim, als ich Chäpplidude dahingehend informieren musste, dass wir nicht "andere Gruppen" seien.


Dienstag

Nach dem Frühstück lobte ich die Schäfchen dafür, dass in der ersten Nacht die Nachtruhe eingehalten wurde. Die Jungs lachten und staunten. Offenbar war es zu Tumult und Aufruf gekommen, den ich jedoch nicht gehört hatte. Nicht hören konnte. Das Zwischengeschoss war perfekt. Quasi eine Pforte in eine anderere - geräuschabsorbierende - Welt.


Winter Skies

Ich nutze die Gelegenheit des Wintereinbruchs im Mai in Tschamut für ein "Product Placement": Stratovarius' Album "Polaris". Passend für unsere Situation der Song "Winter Skies".

(Kotipeltos Stimme ist nicht jedermanns Geschmack - und nach dem Hören eines ganzen Albums geht sie mir oftmals auch auf die Nerven, dennoch gibt es nichts gegen ein wenig Power Metal einzuwenden - nie den ganzen Tag, weil halt Power Metal, aber hin und wieder passts.)

Wie man unschwer erkennen kann, lag am Morgen des Dienstags ein wenig Schnee. Es schneite auch während der Nacht und im Morgengrauen. Als jemand, der Schnee mag - auch im Mai - hatte ich natürlich viel Freude an der weissen Landschaft. ^_^

Im Laufe des Tages taute es dann und hin und wieder zeigte sich die Sonne.

Wer mein Schuhwerk kennt, kann erahnen, wie hoch der Schnee in etwa lag. -_^
Wer mein Schuhwerk kennt, kann erahnen, wie hoch der Schnee in etwa lag. -_^

Bogenschiessen, Speckstein und Null-Bock-Schäfchen

Wie man an den Bildern unschwer erkennen kann, lag Schnee. Die Schäfchen wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Gruppe am Vormittag hatte das Vergnügen in dieser hübschen weissen Kulisse Bogen zu schiessen. Dafür mussten sie nur durch ca. 6 cm Schnee stapfen (und eine rund 20 min Einführung über sich ergehen lassen). Chäpplidude hatte die Einführung etwas zu lange gemacht. Er erklärte die Einzelteile eines Pfeilbogens und machte noch einen kurzen Ausflug in die Geschichte. Den Gesichtern der Schäfchen war zu entnehmen, dass sie sich nicht dafür interessierten. Sie wollten endlich Pfeile auf Ziele schiessen.

Nach diesen rund 20 min (vielleicht war es auch länger) des Redens durften die Schäfchen endlich den Schnee betreten, in der Hand einen Bogen. Unser Kameramann richtete sich auf dem Hügel ein, da er das Geschehen für das Lagervideo filmen wollte. Später teilte er mir mit, nach 3 min habe er die Kamera wieder ausgeschaltet, da Chäpplidude wieder am Labern war. Er sei fast verzweifelt - die Schäfchen sicherlich auch.

Da nichts passierte, widmete ich mich den Schäfchen, die beim Specksteinbearbeiten waren. Einige schienen Spass zu haben, während die Arbeit für andere eine Tortur darzustellen schien.


Die Gruppe, die am Nachmittag mit Bogenschiessen dran war, hatte das (zweifelhafte) Vergnügen, sich auf matschigem Rasen vorzufinden. Der ganze Schnee war weg. Dafür hatten sie viel Spass - insbesondere nachdem die Spezies des Holztieres, das sie mit Pfeilen beschiessen sollten (gar unethisch) geklärt war. Bieber. Capybara. Murmeltier. grosser Hamster. Mein Primarlehrer, der gute "Rüegger Päuk" würde sich im Grabe umdrehen, da er uns ALLES über Flora und Fauna beizubringen versucht hat. Wüsste er, dass die heutige Jugend noch nicht mal mehr eine Ringelblume erkennt oder sich darüber uneins ist, ob ein Murmeltier nun ein grosser Hamster ist... Päuk - in dem Sinne - R.I.P.

Die Holzfigur wurde kurzerhand auf den Namen "Bobber" getauft und so hatten die Schäfchen viel Freude beim Bogenschiessen - insbesondere aufgrund Bobbers Präsenz. Chäpplidude machte während des Schiessens immer wieder unangebrachte Kommentare, die deutlich zeigten, dass für ihn die Spezies Mensch gottgleich sein muss und ein Tier keine Lebensberechtigung auf Erden hat. Daher würde ich die These aufstellen, dass Chäpplidude keine Ahnung von Ehtik hat. Wer keine Ahnung von Ehtik hat, ist als Pädagoge nicht geeignet - meine Meinung.


► Hier sei angemerkt, dass auf der Fotographie unterhalb unten rechts das Material fürs Specksteinbearbeiten zu sehen ist, das Chäpplidude dort deponiert hatte - ohne Anstalten zu machen, das Material bereitzustellen. Erst auf meine Bitte hin, befleissigte er sich des Materials und einer kurzen Einführung zur Arbeit mit Speckstein.

Aber das Verhalten Chäpplidudes ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden - ausführlich.

Darf ich vorstellen: Bobber
Darf ich vorstellen: Bobber

Die netten Jungs, die vormittags beim Bogenschiessen waren, baten - ja bettelten direkt - darum, einkaufen gehen zu dürfen. Dass sie sich so vor der Arbeit mit Speckstein drücken wollten, war mir natürlich nicht aufgefallen - noch wäre mir das eingefallen. Es war ja kein "MussMuss". Man hätte auch sagen können, man habe keinen Bock darauf. Man hätte auch kreative Ausreden bringen können, wie etwa, man wolle eine Staublunge vermeiden oder man litte an Mukoviszidose. Wie dem auch sei, wir waren den Jungs dennoch zu grossem Dank verpflichtet, denn so gab es am Folgetag wieder frisches Brot zum Frühstück.


Besonders in Erinnerung geblieben ist der gute Cosa, der sich während er seinen Soap Stone bearbeitete, dreimal umentschieden hatte, was es letztendlich geben sollte. Beim dritten Mal hatte ich Schuld, da ich fragte, ob er einen Grabstein mache, was ihn dann auf die Idee brachte, tatsächlich einen Grabstein zu machen. Sein eiserner Wille soll hier besonders betont werden!

Beweis genug, dass die Jungs einkaufen waren. Die Sidestory zu Max Havelaar Bananen ist jedoch geheim - ich bin nicht mal sicher, ob ich die Wahrheit kenne -_^
Beweis genug, dass die Jungs einkaufen waren. Die Sidestory zu Max Havelaar Bananen ist jedoch geheim - ich bin nicht mal sicher, ob ich die Wahrheit kenne -_^
Beweis genug, dass hier mit Speckstein gearbeitet wurde - nur wurde vergessen, aufzuräumen.
Beweis genug, dass hier mit Speckstein gearbeitet wurde - nur wurde vergessen, aufzuräumen.

Mittwoch

Der erste Kaffee am Morgen

Auch für diese Unterüberschrift habe ich mich eines Buchtitels bedient, der zu einem Buch gehört, das weg ging, wie warme Brötchen als ich im Buchhandel gearbeitet hatte. Ich hatte es nie gelesen, da ich keine Schnulzen lese, aber es soll gut sein.

Jedenfalls hatte ich nie Freizeit. Ich hatte 24/7 Bereitschaft. Ich hatte die Verantwortung über 17 Geschöpfe. Die Einzige Freizeit, die ich hatte, waren die knapp 1-2 Stunden frühmorgens zwischen Aufstehen und Frühstück. Diese verbrachte ich, nachdem ich meine Hautpflege von SHISEIDO im Gesicht verteilt hatte, im Restaurant bei einer Tasse Kapselkaffee. KAPSELkaffee. Nicht vergleichbar mit meiner Klosterröstung, die ich zuhause von meinem Vollautomaten zubereiten lasse - aber besser als nichts. UND es handelte sich nicht um Nespressokaffee. Wenn man sich für das Weltgeschehen und die Umwelt interessiert, boykottiert man Nestlé in allen Lebenslagen - auch beim Kaffee. Schlimm genug, dass überall Nespresso-Kapselmaschinen herumstehen.


Wie dem auch sei, hier habe ich einen Moment der Stille eingefangen: frühmorgens, draussen in der Kälte. Meine Kaffeetasse und ich. Niemand sonst. Keine Geräusche. Totenstille. DAS ist Lebensqualität.


Todesmarsch X Wrong Turn (AKA Funkorientierungstour)

Meine Generation, die mit Filmen wie The Final Terror oder Wrong Turn aufgewachsen ist, sieht Wanderungen in der Natur mit anderen Augen. Scherz beiseite. Wir sind auf keine Inzest-Hillbillies gestossen, wie das in Wrong Turn der Fall gewesen wäre, auch wurden wir nicht von einem Waldmenschen niedergemetzelt, wie das in The Final Terror (AKA Todesfalle am Mill Creek) so schön dargestellt wird. Wir haben uns lediglich unter der (zweifelhaften) Führung Chäpplidudes auf einen Todesmarsch begeben, wo wir "falsch abgebogen" (Wrong Turn) sind - weil Chäpplidude sich nicht an die zuvor vereinbarte Route gehalten hat. So fanden wir uns auf einem Wanderweg wieder, der an manchen Stellen schneebedeckt (also gefährlich) war. Daher passt hier das Opening Theme aus Wrong Turn 4 als Soundtrack.


And I watch each day through the falling snow,


the dead men walking through their highs and lows


wishing they could start again somewhere new


and I stare at the cold and I feel their pain,


I watch as their life slowly fades away.


I see their eyes, they're piercing mine,


there's nothing I can say


Cause I made a mistake,


I think I took a wrong turn


somewhere along the way,


I sealed my fate and all I know is you're gone,


yeah you're gone away I'll never touch your face


I'll never see you again

Auf dem Bild oberhalb ist unser kleines Dorf zu sehen. Tschamut. Viel grössser ist es nicht. Es liegt auf einem Hügel und erinnert dezent an die Erzählung H.P. Lovecrafts Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel aus 1926 - auch wenn Tschamut keine Hafenstadt ist. Berge des Wahnsinns Vibes verbreiten solche Dörfer allemal - auch wenn Lovecrafts Berge des Wahnsinns nichts mit einem Bergdorf in der Schweiz zu tun hat - inhaltlich. Jedoch hätte ich auch diesen Titel wählen können - denn Wahnsinn war unser treuer Weggefährte.

Nachfolgend ein paar hübsche Impressionen unseres Wrong-Turn-Todesmarsches von Tschamut über RUERAS nach Sedrun.


Unter einer Funkorientierungstour habe ich offenbar dasselbe verstanden wie die Schäfchen. Nach der Tour, als wir zurück am Haus waren, wollte Chäpplidude noch eine halbe Stunde reflektieren. Dann beharrte er auf einen "Reflexionskreis". Hier muss ich ehrlich sagen, mir selbst war das auch zu blöd. Schliesslich musste ich eingreifen - aus Furcht, wir würden wohl die ganze Nacht draussen verbringen, wenn dieser Kreis nicht zustände käme - und so sagte ich, es sei mir egal, ob die Schäfchen sitzen, stehen oder sich auf dem Boden herumrollen würden, solange wir endlich zu einem Abschluss kämen. Das Feedback der Schüler fiel ernüchternd für Chäpplidude aus. Ein Schüler beschrieb die "Funkorientierungstour" als hemutrurig und begründete dies damit, dass sie viel mehr ein Ablaufen eines Wanderweges gewesen sei. Dem pflichteten andere Schüler bei. Eine Schülerin meinte, es habe nichts mit Orientierung zu tun gehabt, da wir einfach hintereinander einem Wanderweg gefolgt seien - folglich hätten wir auch einfach als ganze Klasse eine Wanderung machen können (war auch mein Gedanke als wir unterwegs waren). Chäpplidudes Gesicht sprach Bände und so gewann ich den Eindruck, dass er mit Kritik nicht umgehen konnte, was er kurz darauf lautstark demonstrierte. Er begann wahrhaftig damit, einen Schüler anzuschnauzen: "Weisch Du was mein Problem mit dir ist?! Weisch Du was mein Problem ist?!" und dann ging es weiter und er kläffte dem Schüler entgegen, dass aus ihm nie etwas werden würde. Er gab an, "solche wie ihn" zu kennen und daher sagen zu können, dass er nie eine Lehrstelle finden und abstürzen werde. Ehe er weiter krähen konnte, sagte ich ihm energischen Tones, dass nun Feierabend sei. Die Schäfchen hatten Freizeit und ich bat Chäpplidude auf ein Gespräch. Dieser zeigte sich völlig uneinsichtig, was die Wahl der Route und sein Verhalten den Schäfchen gegenüber anging. Er meinte patzig, ob es denn OK sei, wie besagter Schüler mit ihm rede, seit Dienstag. Auf meine Frage, ob er denn mal mit dem Schüler gesprochen habe, glotzte er mich nur entgeistert an. Ich deutete dies als Nein. Auch gab er an "dreifachzertifizierter" Pädgoge zu sein. Was das genau heissen soll, ist bis heute offen. Auf meine Reaktion, dass man so nicht mit Schülern umgehe - insbesondere dann, wenn man nichts über sie wisse - meinte er hochnäsig, dies sei meine Meinung. Auch wollte er nicht verstehen, wo mein Problem mit der Route, die er nicht mit mir abgesprochen hatte, lag.

Mir erschien Chäpplidude gänzlich unreflektiert und völlig ungeeignet für die Arbeit mit Jugendlichen. Aber eine detaillierte Reflexion über die Erfahrungen mit ihm und der Unternehmung Erlebnisfahrten, bei der er angestellt ist, erfolgt in einem separaten Post.


Die Schäfchen hatten sich eine Funkorientierungstour gewünscht und sich darauf gefreut. Umso bedauerlicher ist es, dass sie von solch einem Menschen durchgeführt wurde und es sich um keine Orientierungstour handelte, sondern vielmehr um eine Wanderung mit Funkgerät. Eigentlich hätte die erste Gruppe jeweils bei Abzweigungen ein buntes Filztuch hinterlassen sollen. Eines fanden wir in in einen Hang gequetscht, weitere zwei unterwegs bei zwei Bänklis. Also eigentlich waren diese Filztücher für nichts. Das Abschreiten eines Wanderweges hat für mich auch nichts mit Orientierungstour zu tun. Schade.


Ein Ausflug nach Chernobyl - Чорно́бильська АЕС

Am Abend schauten wir zwei Folgen der HBO Mini-Serie Chernobyl von 2019. Ich halte sie für eine sehr eindrückliche Serie - frei von Kitsch. Man glaubt gar nicht, dass es sich um eine amerkanische Produktion handelt, da sie wirklich sachlich und nüchtern gemacht ist. Natürlich hält sie sich nicht an alle Fakten, aber dass man fürs Fernsehen ein paar Dinge ändert, dürfte selbstverständlich sein.


Da es im Aufenthaltsraum, in dem der Beamer stand, kein Sofa gab, wurden die Schäfchen kreativ: Der Boden des Raumes sah aus, als feierten Raupen eine Wiedervereingigung. Die Schäfchen waren in ihre Schlafsäcke eingewickelt zusammengekommen, und hatten Kissen dabei. Das Bild, das dies ergab, war einfach herrlich.


► DANKSAGUNG

Ohne den Kletterinsatz von Ceku und der Box von Ewwu hätten wir die Serie nicht schauen können. Herzlichen Dank im Namen aller, die mitgeschaut und sich über HD-Sound gefreut haben.


Donnerstag

Ein Ausflug nach Chernobyl - Чорно́бильська АЕС

Wir schauten die letzten drei Folgen Chernobyl und führten hinterher spannende Diskussionen. DAS ist der Teil des Lehrerdaseins, der wirklich Freude bereitet: Man hat ein Thema, für das sich die Schüler interessieren, über das sie Fragen stellen und sich Gedanken machen und worüber man diskutieren kann.

Jemand fragte, ob das wirklich so passiert sei. Man wollte die Entscheidungen und Order seitens Regierung kaum glauben. Wiederholt hat sich dies ja bei Fukushima, als die Explosion durch einen amerikanischen Satelliten aufgedeckt wurde. Nun kann man sich die Frage stellen, ob unsere Schweizer Regierung der Welt gleich mitteilen würde, wenn uns bspw. der Reaktor in Gösgen um die Ohren fliegen würde. Meine Meinung dazu bleibt unverändert.


Squid Game Challenge

Nach Chernobyl ging es an die Squid Game Challenge. Wir beschränkten uns aufgrund der fortgeschrittenen Stunde jedoch auf Gonggi und Dalgona. Die gute M stand den halben Tag in der Küche und hat Zucker zu Caramel werden lassen, um diese Dalgona Cookies machen zu können. Bei der einen Ladung habe ich geholfen und kann daher sagen, es ist nicht einfach. Einerseits muss man schauen, dass man sich keine unhübschen Brandwunden zufügt, andererseits muss man sehr schnell arbeiten, da das Caramel quasi schon hart wird, während man es aus der Pfanne aufs Backpapier giesst... Immerhin, die Schäfchen hatten ihren Spass und wir haben gar zwei Sieger ehren können. ^_^


► DANKSAGUNG

Herzlichen Dank M für Deinen Einsatz!


Nachtgesichter

Nach dem die Schäfchen ihre Handysucht gestillt und ihre Snaps gemacht hatten, sassen die einen Jungs noch im Restaurant bei einer Tasse Tee. Ich setzte mich dazu und wir führten diverse Gespräche über die Nachtruhe hinweg. Diese verzögerte sich aufgrund des Tees um eine Stunde.

Jetzt, wo ich darüber schreibe, fällt mir ein, dass wir in meinem ersten Klassenlager auch jeweils bei einer Tasse Tee im Speisesaal sassen und über alles mögliche Gespräche gefüht hatten. Ich mag solche Teegespräche (spill the tea!). ^_^

Hätten wir eigentlich jeden Tag machen können. Nur nicht so spät. Um kurz nach 23:00 Uhr musste ich der Müdigkeit wegen die Teerunde beenden.

Für mich hiess es SCHLAFEN. Für die Schäfchen nicht - wie ich nach dem Lager erfahren sollte.



Freitag

Die Säuberung

Am Donnerstagnachmittag und Freitag stand die grosse Säuberung auf dem Plan. Die Unterkunft musste geputzt und aufgeräumt werden. Ich weiss nicht mehr, wie oft ich gefragt habe, ob nun alle ihren Abfall in die Küche gebracht hätten. Immer wieder traf ich auf Schäfchen, die dies verneinten. Irgendwann ging ich mit einem Kehrichtsack in der Hand durchs Haus und liess mir den Abfall geben.

Schliesslich wurde mir die freudige Aufgabe zuteil, die Zimmer zu kontrollieren. War alles geputzt? War alles sauber? War alles ganz? Hatte niemand irgendwo Spuren hinterlassen? Waren die Betten abgezogen? Hingen an den Stöpseln in den Lavabos keine Haare (Meine Zeit in der Hotellerie lässt grüssen)? Hatte ich überall die Heizung ausgeschaltet?

Gegen 09:15 Uhr stand die Inhaberin der Unterkunft im Eingang, bereit für die Abnahme und Übergabe. Sie zeigte sich hocherfreut über den Zustand des Hauses und teilte mir mit, dies sei nicht selbstverständlich. Sie berichtete mir von den schlimmsten Fällen, die sie hatte und ich teilte meine Gruselgeschichte über meine Bekannte, die in Japan ein Airbnb bewirtschaftet hatte... Ekelhaft, wie manche Menschen Unterkünfte hinterlassen. Die Gastgeberin fand ich ohnehin super. Unkompliziert und sympathisch. Solche Menschen mag ich. ^_^

Daher würde ich ihre Unterkunft auch wärmstens weiterempfehlen (Link folgt).


Going Home

Aber nicht wie geplant.

Es war vereinbart, dass der Car wieder um 09:45 Uhr eintreffen würde, so wie am Montag bereits. Daher war früh Tagwache und nachdem die ganze Unterkunft geputzt und geräumt und sämtliche Räumlichkeiten kontrolliert waren, sassen die Schäfchen im Speisesaal, der nur von Chäpplidude für sein schmutziges Gerät genutzt, aber von uns geputzt worden war, und warteten auf den Car. Kurz vor viertelvor sollten die Schäfchen schon mal ihre Koffer, vor das Haus stellen.

Als um 10:00 Uhr weder ein Car eingetroffen, noch eine Mail oder ein Anruf eingegangen war, rief ich bei Kopf Reisen an, wo mir ein sympathischer und sehr freundlicher Herr des Kundendienstes mitteilte, der Car käme verspätet. Der Fahrer habe sich jedoch bei unserem Veranstalter von Erlebnisfahrten gemeldet und diesem mitgeteilt, dass er sich verspäten würde. Betreffender Veranstalter sah offensichtlich keine Notwendigkeit darin, diese Information an mich weiterzuleiten. Der Fahrer sei in ca. 30 Minuten bei uns - also mit rund 40 Minuten Verspätung. Ist ja kein Problem, aber eine Info diesbezüglich wäre nett gewesen.

Schliesslich kam ein Car mit dem Logo von Kopf Reisen angefahren, der für rund 48 Menschen Platz bot. WTF dachten wir. Der Fahrer, dessen Äusseres an Vitaly Kaloyev erinnerte und mir daher gleich sympathisch war, entschuldigte sich mehrfach für die Verspätung. Es habe viele Baustellen und mit diesem grossen Car habe er über Chur fahren müssen, da er den Oberalppass nicht befahren könne. Und so erfuhren wir, dass man in einem solch geräumigen Gefährt kutschiert wird, wenn "klaine Car isch gabuuut." Sympathisch ^_^

Für den Fahrer schien es jedoch eine stressige Situation gewesen zu sein. Es war ihm sichtlich nicht recht, dass er eine so grosse Verspätung hatte und die Rückfahrt daher auch deutlich länger wurde. Die Baustellen auf dem Weg nach Sedrun waren top: Die Strasse war etwa noch so breit, dass der Car grad noch so Platz hatte. Hätte ich fahren müssen, hätte man uns sicherlich irgendwo am Fusse des Hanges zusammenkratzen müssen. Vitaly hat das jedoch ganz souverän gemeistert und dafür ein Trinkgeld bekommen.

Die Heimfahrt verbrachten einige Schäfchen schlafenden Zustandes und ich freute mich über die Ruhe und die schöne Bergkullisse. ^_^


Samstag

Des Grauens

Den Samstag und die Folgewoche könnte ich hier nun in einer Vielzahl Buchstaben und Zahlen ausformulieren. Jedoch denke ich, Cillian Murphy hat bereits alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt, daher überlasse ich ihm das Wort:



Fütterung



I've died a thousand times, drowned in a sea of lies

Walked every path, through every door

Oh, how I've suffered through, a wicked man can do

But blind they can't ignore the things I have in store

These are the lies and in paradise

They can suffer for a few, never knowing they were used

This is the way, thing that needs them to the stay

Driven by the blackened heart, swaying as they come apart

What's done can't be undone, you're not the chosen one

Toleration seeps from every poor

Darkness anticipate, what's right you can't agrate

You struggle to ignore the things worth fighting for

These are the lies, these are the lies, the little lies

These are the lies, these are the lies, the dirty little lies

These are the lies, these are the lies, the dirty little lies

These are the lies, these are the lies, the dirty little lies

– Dee Snider


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Klassenlager sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt (ChatGPT-Scherz - als ob ich einer KI den kreativen Teil meines Schaffens abgeben würde).


Die Reflexion dieses ersten selbst organisiert und durchgeführten Klassenlagers lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Ich muss mir eingestehen, dass ich ein Controlfreak bin, der lieber alles selber macht, als etwas abzugeben. Die Organisation der Programmpunkte durch Erlebenisfahrten hat mir gezeigt, ich hätte es lieber selbst gemacht, denn zu viele Punkte sind nicht so verlaufen wie geplant. Im Lager mit der legendären S3a '22 stand ich in der Küche. Wir hatten keinen Koch. Ich spielte Küchenchef und hatte jeden Tag ein anderes Küchenteam. Wir hatten jede Menge Spass! Küchenteam 1 kochte zu Metalklängen, Küchenteam 2 hörte andere Musik und keifte sich freundschaftlich an. Es war einfach entspannt. Die Schüler gingen selbstständig gen Coop zum Einkaufen, brachten Zutaten mit, aus denen wir dann irgendwas zauberten. Irgendwann war Kreativität gefragt, als es noch rund 4 Pack Sbrinz hatte, woraus ich dann Käsechips gebacken hatte. Ein Experiment, das aufgegangen war ^_^

So stelle ich mir die Frage, ob ich beim nächsten Lager a) wieder selbst in die Küche stehe, oder b) einen Koch dabei habe und die Schüler nichts mit Kochen zu tun haben. Letzteres fände ich jedoch schade, insbesondere da die Einen Spass am Kochen hatten.

Auch komme ich nicht umhin mich zu fragen, ob ich beim nächsten Lager nicht auch die Schüler alles planen und organisieren lassen soll - so wie das andere Lehrpersonen machen. Mein "Selbst-ist-der-Mann-Ich" wird das jedoch kaum umsetzen können.


Die Planung eines Klassenlagers ist mit (zu) vielen Stunden Planung verbunden. Die Durchführung des Lagers ist anstrengend, da man quasi 24/7 Bereitschaft hat, da man als Klassenlehrerin die Verantwortung für seine Schäfchen vollumfänglich trägt. Man hat kaum Zeit für sich, kommt zu nichts (ich hatte vor, Deutschtexte zu bewerten - keinen einzigen habe ich lesen können; ich hatte vor, mein Buch "Eine Schule leiten" fertig zu lesen - eine Seite habe ich geschafft). Dann wird nach dem Lager über das Essen gejammert. Die Handynutzung wird hinterher beklagt (Wann gibt es endlich dieses schweizweite Handyverbot an Schulen?). Türen knallen zu - immer wieder; es gibt ein riesiges Gepolter, sodass man Angst haben muss, das Haus werde eingerissen. In einem Zimmer wird ein Ice-Tea-Teich gegossen (obwohl das Geständnis ja ganz lustig war). Diejenigen, die sich für das Lager bedankt haben, lassen sich an einer Hand abzählen; es ist einfach selbstverständlich. Da stellt man sich schon die Frage, weshalb man sich das antut - insbesondere, wenn man hinterher eine Woche Ferien bräuchte, um sich zu regenerieren.


Wieso man es doch tut?

Für die lachenden Gesichter derer, die eine gute Zeit haben. Für die Erinnerungen, die sie sammeln. Für den Zusammenhalt. Für gute Gespräche bei einer Tasse Tee und für diejenigen, die hinterher danke sagen und Erinnerungen mitnehmen, über die sie noch lange lachen können.


Abschliessend lässt sich sagen, dass ich meine Erfahrungen gemacht habe und Ideen dafür habe, was ich beim nächsten Lager anders machen werde.




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