Abschlussphase HS25 - Level 6 der Erschöpfung
- daszimmer10

- 17. Dez.
- 7 Min. Lesezeit
► Dieser Beitrag enthält eine äusserst überspitzte und sehr zynische Dramatisierung der Tatsachen.◀︎
Seid gegrüsst Ihr netten Menschen
Während des Tippens dieses Beitrages stehen meine Augenlider auf Halbmast. Ich bin müde - und zwar dergestalt, dass ich vor lauter Müdigkeit kaum einschlafen kann. Kennt Ihr das, wenn man zu müde zum schlafen ist? Solche kurze aber intensive Phasen des Zerstörtseins bin ich gewohnt, denn es gibt sie zweimal im Jahr - immer zum Semesterende an der Pädagogischen Hochschule.
How I live now
Ende Woche ist das Herbstsemester abgeschlossen und 4 von gesamt 14 Abgaben haben Zeit bis Januar. Diese Arbeiten werde ich während der Weihnachtsferien finalisieren. Es geht zeitlich auf - auf Kosten meiner Freizeit und Gesundheit: Keine Zeit für Freunde. WhatsApp-Nachrichten sind seit zwei Wochen unbeantwortet. Die weissen Zahlen im roten Kreis neben dem Icon von Telegram steigen an. Die weisse 4 im roten Kreis beim Siganl-Icon bleibt immerhin konstant. Unbeantwortete Anrufe bleiben unbeantwortet. Verzweifelte Freunde, deren Nachrichten auf WhatsApp (wieso kann man da keine Abwesenheitsmeldung setzen?) unbeantwortet sind, schreiben auf instagram. Da kommt hin und wieder ein Lebenszeichen von mir. Keine Posts. Dazu ist einfach keine Zeit. Wenn, dann gibt es Stories - meist keine persönlichen mehr, nur Geteiltes. Einzig auf meinem privaten insta-Account können meine Freunde meinen allsemesterlichen Zerfall verfolgen. Glühweintrinken? Sorry, keine Zeit. Muss meinen "Enormo-LNW" schreiben, videographarieren, verposteren und abgeben. Der Messer-Dude auf instagram, bei dem ich ein custom-made Messer geordert habe, schreibt und schickt Bilder der verschiedenen Hölzer. Ich antworte ihm, sage, er könne sich Zeit lassen und ich würde mich wohl erst wieder in der kommenden Woche melden, da ich am Untergehen bin. Er wünscht mir viel Erfolg und will mir weitere Bilder schicken.
Die Kurzhanteln sind mit einer feinen Staubschicht bedeckt. Im Tank des Rudergeräts gedeihen prächtige Algen. Die Yogamatten, die eingerollt nebeneinander stehen, fragen sich, ob sie eigentlich nur noch Deko sind. Wann hab ich eigentlich letztmals Yoga praktiziert?
Ich wünschte, ich hätte eine Ladung TK-Pizzen, denn um grossartig zu kochen bleibt auch keine Zeit. Gut, habe ich mir einen neuen Reiskocher gegönnt. Eine Schale Reis. Ein Gemüse-Tofu-Curry dazu. Oder einfach eine Okayu (japanischer Reis-Porridge). Daher liegt auch mein "vegan food" insta account brach. Seit Halloween gabs keine Posts mehr. Einerseits habe ich keine Zeit, andererseits habe ich keine Lust wieder Gefangene einer social media app zu sein. In der Schule ess ich meistens nichts, weil ich nicht zum Vorkochen gekommen bin und hungere dann bis abends still und leise vor mich hin. Mein Energiebalken ist im roten Bereich. Mein grünes Elixier (vgl. The Legend of Zelda): Kaltwassergrüntee.
Angst vor "Asi-TV" von RTL
Meine Wohnung ist rudimentär geputzt. In einigen Ecken liegen Staubbüschel, denen ich beim Wachsen zusehen kann. Kartonkisten von meinem Black-Friday-Shopping stehen aufgetürmt im Flur. Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Cartonagen auseinanderzunehmen und in den Keller zu bringen. Der Wasserhahn sollte entkalkt werden. Die Kalkschicht erinnert je länger je mehr an eine Kalksteinhöhle - nur, dass jene Tropfsteine nicht grün sind (Eine kurze Websearch hat mich beruhigt. Grüner Kalk ist ungiftig, jedoch ein Hygieneproblem - als ob ich das nicht wüsste). Der Ofen fragt mich seit zwei Wochen vor jedem Gebrauch unermüdlich und hoffnungsvoll, ob ich denn nun jetzt reinigen wolle. Nein, du netter Ofen, ich habe keine Zeit. Die Blätter meiner zahlreichen Zimmerpflanzen haben an Grün eingebüsst - könnte man meinen. Jedoch sind sie weiterhin grün, bedeckt von einer feinen Staubschicht, von welcher her die gräuliche Farbnuance rührt. In den grossen Spiegel zu schauen bringt nicht viel, zu dicht ist die Staubschicht die sich darüber gelegt hat. Nach dem ich barfuss durchs Schlafzimmer gegangen bin, sind meine Fusssohlen pelzig schwarz und grau vom Staub. Ich sollte mal wieder swiffern. Die Pflanzen auf meinem Balkon scheinen desolaten Zustands zu sein. Dieser Eindruck kann täuschen, denn im Winter sehen viele Pflanzen aus, als kämen sie direkt aus einem Tim Burton Film. Die Waschmaschine müsste mal wieder gereinigt werden und der Geschirrspüler bittet seit einer Woche um Salz und Glänzer. Die Verkleidung aus schwarzem Glas in meiner Küche ist verschmiert seit nunmehr drei Wochen. Der Herd zeigt noch immer das eingebrannte Pastawasser von vor zwei Wochen. Bin ich ein Messi? Nein, denn bislang ist noch keine Kakerlake von A nach B spaziert. Ich bin Lehrer und Student in Vollzeitpensum. Dennoch lebe ich in grosser Angst. In riesiger Angst vor diesem ganz bestimmten Läuten. Man öffnet die Tür und da steht das Kamerateam von RTL, um eine neue Folge für ihr "Asi-TV" zu filmen. Deren Erscheinen wäre möglich. Der Zustand meines Zuhauses hätte Potenzial für RTL. Grosses Potenzial.
Wenn RTL bei mir mein Leben im Chaos filmen möchte, muss sich beeilt werden, denn zum Jahresende steht bei mir immer die grosse Grundreinigung an.
26,5-7-18-10
26,5 Lektionen Unterrichtstätigkeit (also fast ein Vollpensum)
7 Module mit gesamt 18 ECTS an der Pädagogischen Hochschule
10 Kurstage CAS Schulleitung
4 Tage die Woche stehe ich im Klassenzimmer und unterrichte und coache meine Schäfchen in Deutsch, Englisch, Informatik, Bildnerisch Gestalten, Wirtschaft - Arbeit - Haushalt, Geographie und Geschichte, Ethik - Religionen - Gemeinschaften und Projekte und Recherchen - und mal wieder in Musik.
An den 3 anderen Tagen arbeite ich den wöchentlichen Stoff meiner Sonderpädagogikmodule auf und schreibe an meinen Leistungsnachweisen bzw. vertiefe mich in die Inhalte der Schulleiterausbildung. Auch nutze ich die Zeit, um meine Lektionen vor- und nachzubereiten und somit auch zum Korrigieren und Bewerten von Tests und Texten.
14 Abgaben... Leistungsnachweise sind teilweise dreigeteilt: Mache eine schriftliche Fallanalyse und dazu ein wissenschaftliche Poster, im Januar dann noch eine Concept Map darüber, was wir im Modul gelernt haben. In einem anderen Modul auch eine schriftliche Fallanalyse und ein Poster dazu. In einem weiteren eine Videopräsentation und ein Handout, in einem weiteren wieder ein Poster, dann noch eine Videoanalyse und eine schriftliche Arbeit dazu. Hier noch ein Board auf Genially und eine Dokumentation des Lernstands auf Book Creator. Immerhin mal was anderes, worüber ich mich freue. Denn diese Postermacherei geht mir langsam aber sicher auf die Nerven. Vor allem, werden unsere Poster auf A0 (das sind 8 A3) ausgedruckt. Was für eine Farb- und Papierverschwendung für eine Präsentation à 5 Minuten.
Ein klassisches Wochenende
Um 7:00 Uhr sitze ich an meinem Arbeitsplatz. Mein gigantischer Screen (43 Zoll) zeigt oben rechts iTunes, daneben mein Kalender. Direkt vor mir die eigentliche Arbeit. Links davon Copilot. Links oben befindet sich Moodle. Links neben meiner Tastatur steht meine Tasse mit duftendem Kaffee (wobei der "Christmas Blend" von GRIND wesentlich besser duftet als schmeckt). Ich beginne mit meiner Videopräsentation, für die ich erst eine schriftliche Arbeit samt aller Literaturquellen verfasse, damit ich eine Kohärenz gewährleisten kann. Schliesslich lade ich die Arbeit auf Prezi und lasse deren KI eine Vorlage für meine Videopräsentation erstellen. Juhu. 4x eine Fehlermeldung. Ich versuchs nochmals. Ich erhalte meine Präsentation. Das Problem? Sie hat 151 Folien. HUNDERTEINUNDFÜNFZIG! Ohje. Ich überfliege alle Folien. Hatte ich "didaktische Hinweise" nicht bereits vor rund 30 Folien schon mal? Wieso steht auf Folie 92 schon wieder, weshalb die DaZ-Förderung wichtig ist? Das war doch auf Folie 2 bereits Thema. Zurück zu Folie 2. Aha. Dasselbe. Zurück zu Folie 92: löschen. Es geht so weiter. Der Gedanke, ob ich nicht einfach selbst hätte eine PowerPoint erstellen können? Wäre das vielleicht schneller gewesen? Wohlmöglich. Aber ich mag die animierte Prezi-Präsentation. Blick auf die Uhr 13:05 Uhr. Was?! Der Kaffee, der um 7:00 Uhr so herrlich geduftet hat, ist kalt. "Kalter Kaffee macht schön." heisst es. Na dann... runter damit. Ich arbeite weiter an meinen Folien. Mache eine Pause, um eine Pho zu schlürfen. Danach ertappe ich mich dabei, wie ich auf "HD Filme" nachschaue, ob es den neuen Running Man endlich in HD zu streamen gibt. Juhu! Der Start in die Weihnachtsferien ist gerettet: Running Man und Tron Ares! Zurück zum Projekt. Ich bearbeite weiterhin meine Folien. Irgendwann zeigt die Uhr 22:30 Uhr und ich bin noch immer nicht fertig. Es fehlt an Kohärenz. Noch immer sind Inhalte doppelt. Informationen schwammig bzw. ungenau oder gar unvollständig. Gut, ist morgen Sonntag. Da gehts dann weiter.
Am Sonntag schlafe ich aus und sitze um 8:00 Uhr am Arbeitsplatz. Ich kürze meine Folien weiter. Gestern bin ich vorwärts gekommen. Nur noch 84 Folien von einst 151. Das ist immer noch zu viel. Ich kürze weiter. Lösche, was gelöscht werden muss. Formuliere um. Shitty! Habe vergessen bei jeder Folie die jeweilige Literaturquelle einzufügen, also hole ich das noch nach. Der Rest des Tages verläuft in etwas so wie der Tag davor. Am Montagabend soll dann die Präsentation finalisiert werden. Am Dienstagabend dann besprochen und auf Moodle geladen.
Aus Dienstag wird Mittwoch
Am Dienstagabend nach zwei Kurstagen CAS Schulleitung ist nichts mehr passiert. Ich habe die Folien dann am Mittwoch besprochen. Das Video, das erst eine Länge von 29 Minuten hatte, dann in iMovie bearbeitet. Bearbeitet und bearbeitet. Dabei fiel mir auf, dass ich auf der Folie mit dem Zeitplan anstelle von Schuljahr 2026/2027 sämtliche Daten mit 2025 und 2026 angegeben hatte. Also musste ich die Folie anpassen und nochmals besprechen und diesen Teil in iMovie laden und meinen Film zusammenschneiden. Nachdem alle Wiederholungen und Denkpausen eliminiert waren, dauerte mein Video nur noch 21 Minuten. Immer noch zu lange. Also löschte ich einen Teil, den man auch hätte weglassen können und nur des Egos wegen (mit Fachwissenschaftsbezügen um mich geschmissen und zwar dergestalt als trüge ich einen Doktortitel) vorhanden war. Schliesslich dauerte mein Video nur noch 16:59 Minuten. Vertretbar.
Als ich es jedoch hochladen wollte, sagte mir Moodle, dass der Zeitraum für die Abgabe überschritten sei. So lud ich mein Video auf SwitchTube und teilte den Link mit der Dozentin und Gruppe und informierte, dass Moodle die Abgabe nicht mehr zuliess. Selbiges Problem hatte auch eine andere Gruppe. Die Dozentin schrieb, wir möchten den LNW bis Mittwochabend auf Moodle laden, jedoch hatte sie sich offenbar im Zeitfenster vertan, denn die Deadline war 12:15 Uhr.
Was solls. Die Gruppen und die Dozentin hatten meinen LNW nun. Alles andere war gänzlich sekundär.
Am Freitag ist die Präsentation, bzw. mehrere PräsentationEN. Aber dazu in einem anderen Post mehr.






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